Heizungsauswahl im Neubau: Wirtschaftlichkeits-Rechnung
Verbrannt ist alles ganz und gar
Aus der Asche ganz allein
Steig ich auf zum Sonnenschein
Das Feuer liebt mich
Das Feuer liebt mich nicht
(“Hilf Mir”, Rammstein)
Liebe Freunde der warmen Füße, wir sind gerade dabei uns mit der Heizungsauswahl zu beschäftigen. Vielleicht ist das auch gerade ein Thema für euch.
Nun gut – heutzutage hat man beim Neubau-Einfamilienhaus bei der Heizungsauswahl aufgrund behördlicher Vorgaben nicht viele Möglichkeiten: Gemäß der aktuellen EnEV müssen bei Neubauten Heizungssysteme eingebaut werden, die zu einen “gewissen” Anteil regenerative Energien verwenden müssen.
Damit fallen automatisch alle Heizungs-Lösungen die auf fossile Energieträgern basieren (Öl, Gas, Kohle, Uran ?) raus. Diese sind nicht (mehr) genehmigungsfähig.
Prämissen
Alles klar – welche Möglichkeiten kommen denn für uns in Frage? Wir wählen zunächst die rein aus technischer Sicht möglichen Systeme aus, und vergleichen diese untereinander, um die Wirtschaftlichkeit der Kontrahenten beurteilen zu können.
Welches Modell ist bei einer vereinfachten Investitions-Rechnung auf ca. 20 Jahre gerechnet am günstigsten? Gibt es denn sonst keine Kriterien außer “Wirtschaftlichkeit”? Für uns nicht – oder übersehen wir da was? Sagt es uns!
Die Wirtschatlichkeitsbetrachtung basiert auf dem typischen Gesamt-Nutzwärme-Bedarf eines 150 m²-Gebäudes von ca. 12000 kWh. Die Seite http://www.heizungsvergleich.de/ macht das ähnlich. Die meisten Zahlen kann man dort grob nachrechnen und zur eigenen Kalkulation heranziehen. Denn nicht alle Zahlen auf der Seite entsprechen dem aktuellen Rahmenbedingungen, da diese scheinbar nur einmal im Jahr angepasst werden.
Kandidaten
Pellets/Stückholz
Hier werden Holzpartikel verfeuert – diese müssen natürlich auf Vorrat gelagert werden. Das benötigt eine Menge Platz, den wir nicht haben. Deshalb: abgelehnt!
Fernwärme
Wäre schön, ist aber bei uns leider nicht verfügbar…
Wärmepumpe
Hier gibt es zahlreiche Alternativen: Luft-Luft, Luft-Wasser, Sole-Wärmepumpe (mit Kollektor, Tiefenbohrung, Eisspeicher). Das gängigste System ist das Luft-Wasser-Modell. Vereinfacht erklärt, wird bei diesem Verfahren der Umgebungsluft Wärme entzogen, die auf ein entsprechendes Leitmittel (Wasser, z. B. Fußbodenheizkörper) im Gebäude übertragen wird. Darf man sich wie einen umgekehrten Kühlschrank vorstellen – statt zu kühlen, wird erwärmt!
Fehlende Energie (bei kalter Umgebungsluft) holt sich das System aus der Steckdose (elektrischer Strom). Die Tatsache, dass dieser Strom zu 100% aus Kohlestrom oder Atomstrom kommen darf, scheint die EnEV nicht zu stören. Von wegen “regenerative” Energieträger… Egal, das ist eben Politik – Wärme-Pumpe kommt mit auf die Vorauswahl-Liste!
Gasheizung
Gas ist doch nicht regenerativ, oder doch? Naja, es gibt ja statt Erdgas: Zum Beispiel Biogas aus (regenerativer) Biomasse. Zudem werden diese Systeme gerne mit solar-thermischen Anlagen kombiniert. Solar-Thermie ist ja regenerativ, also hat man (hoffentlich) den erforderlichen Anteil an regenerativen Energieträgern gemäß EnEV-Forderung bei seinem Heizungs-Gesamtlösung erfüllt. Somit kommt ein moderner Gasbrennwert-Kessel ebenfalls auf die Liste!
Block-Heiz-Kraftwerk (Kraft-Wärme-Kopplung)
Ein Mini-Kraft-Werk Zuhause, das gleichzeitig Wärme und Strom produziert. In der Regel sind diese Apparate erst bei einem gewissen, stetigen, konstantem Grundverbrauch rentabel. Verstärkt werden diese Anlagen daher eher in größeren (Mehrfamilien)-Häusern eingesetzt.
Mittlerweile gibt es aber eine Neuheit auf dem Markt, die auch für ein typisches Einfamilienhaus geeignet sein soll: “Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung auf Brennstoffzellen-Basis”. Klingt cool, oder? 🙂 Wie funktioniert das? Ganz einfach: (Erd-)Gas wird zu Wasserstoff umgewandelt, der Wasserstoff reagiert mit Sauerstoff, hierbei wird sowohl Wärme als auch elektrische Energie (Brennstoffzelle) gewonnen. Man ist also sein eigener Strom-Produzent.
Sollte die Leistung der Brennstoffzelle (bei kälteren Wintertagen) nicht ausreichend sein, kommt der sog. Spitzenlastbrenner zum Einsatz. Dieser verbrennt dann klassisch das Gas und erzeugt damit Heizwärme. Interessantes Ding, nicht wahr? Ist auch auf unserer Vergleichsliste.
Ein mögliches Gerät wäre das “Viessmann Vitovalor 300-P”. Die Kennwerte (Leistung) dieses Modells bildet die Ausgangsbasis für unsere Rechnung.
Quelle: ViessmannInvestitions-Rechnungs-Vergleich
Alle Angaben in der Kalkulation sind ohne Gewähr, ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Korrektheit.
Wir verzichten bewusst auf die Berücksichtigung der geschätzten Steigerung der Verbrauchspreise (Gas, Strom), da diese einfach unvorhersehbar sind. Eine Barwert-Rechnung (Abzinsung) über den gesamten Nutzungszeitraum ist ebenfalls vernachlässigbar, da alle (monatlichen/jahrlichen) Zahlung-Ströme konstant sind und im Zeitverlauf nicht schwanken.
Luft-Wärme-Pumpe
Weder günstig in der Anschaffung, noch bei den Betriebskosten:
Gasbrennwert-Kessel + Solar-Thermie-Kollektor
Vergleichssieger! Günstig in der Anschaffung, bewährte Technologie, relativ günstige Betriebskosten.
Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung auf Brennstoffzellen-Basis
Günstig bei den Betriebskosten – teuer in der Anschaffung. Die Tatsache, dass viele Parameter einfach ungewiss bzw. schwankend sind (Eigenverbrauchsquote, Gas/Strom-Preis-Entwicklung), ist eine Voraussage über die Rentabilität der Anlage schwierig. Zudem kommt der Punkt, dass die Technik relativ neu ist und sich noch langfristig bewähren/beweisen muss. Wäre die Anlage halb so teuer, wäre diese Heizungslösung sicherlich ein Renner!
Fazit
Es wird wohl ein klassisches Gasbrennwert-Gerät bei uns werden. Die Zahlen lügen nicht und die sonstigen Vorteile (siehe oben) sind nicht von der Hand zu weisen. Eventuell ist ja in ferner Zukunft ein Umstieg auf Brennstoffzellen-Aggregate möglich/rentabel, time will tell…
P.S.
Moment? Was ist mit dem Smart-Home-Gedanken? Muss die Heizung nicht ebenfalls steuerbar sein?
In der Regel gibt es aus der Laien-Sicht nicht viel an der Heizungs-Anlage zu regeln. Was will ich als unbedarfter Otto-Normal-Verbraucher dort einstellen? Gasdruck? Abgastemperatur? Kennkurve? Das wird in der Regel einmal konfiguriert und danach nie wieder geändert, schon gar-nicht von uns Heizungsgerät-Laien.
Deshalb erübrigt sich die Suche nach einem KNX-Modul für unsere künftige Heizung. Die Heizkörper-Ventile bzw. die Heizkreise werden über Stellmotoren geregelt (Einzelraumregelung) – das ist alles. Keep it simple!
UPDATE (04.06.2018):
Excel-Berechnungssheet angehängt.
Ich habe gehört, dass es zum einen mit der aktuell geänderten ENEV schon schwierig wird, Gasbrennwert + Solar preislich günstiger als eine Wärmepumpe zu positionieren. Abgesehen von der Sinnhaftigkeit, mit Strom zu heizen, müsste man das einmal durchrechnen.
Smart an einer Gasbrennwerttherme fände ich, alleine schon die Einschaltzyklen zu überwachen. Da ich im Frühjahr und spätestens im Sommer sehen möchte, dass die Solaranlage die Heizung auch weitestgehend rumidlen lässt, habe ich mir nun tatsächlich das Webinterface für unsere Buderus GB 172-14 angeschafft.
PS: Versucht bei einer Auslegung als Fußbodenheizung unbedingt einen geringen Verlegeabstand zu erreichen (Stichwort Vorlauftemperatur)
Mit Gas+Solar ist es in der Tat schwieriger die neuen EnEV(2016)-Anforderungen einzuhalten – aber nicht unmöglich. Danke für den Hinweis mit dem Verlege-Abstand: Das hatten wir bisher noch garnicht auf dem Radar!
Tolle Übersicht! Wir spielen aktuell mit dem Gedanken, ein zweites Mal zu bauen und stehen wieder vor der Heizungsauswahl. Insbesondere die Brennstoffzelle hat es mir als technik-affinen Bauherren dabei angetan. 😉 Zwischenzeitlich fördert nicht nur die BAFA, sondern auch die KfW (KfW 433) mit beachtlichen Zuschüssen – im Falle der Viessmann Vitovalor sind das 9300(!) €.
Hi,
nicht schlecht der Aufwand für die Hausplanung – ich dachte schon wir hätten es übertrieben 😉
Zur Heizung:
Aus wirtschaftlichen Erwägungen würde ich auch wieder auf Gas Brennwert gehen. Die Gesamtkosten bei Gas sind mit Sicherheit am niedrigsten. Die Technik ist auch am ausgereiftesten und wartungsärmsten.
Von einer solarthermische Heizungsunterstützung in einem halbwegs ordentlich gedämmten Haus würde ich allerdings absehen, wenn es irgendwie machbar ist. Die ist dort fast nie wirtschaftlich und produziert die meiste Wärme, wenn man sie gar nicht braucht. Es sei denn ihr bekommt ein Schwimmbad…
Lieber an anderen Stellen strecken (Dämmung, KWL) oder gleich PV aufs Dach. Damit wird auch das Wasser warm und man kann die Energie mit oder ohne Einspeisung auch für andere Dinge nutzen.
Nicht konform gehe ich mit der Smart-Home Schlussfolgerung. Die Heizung hat zum einen viele Daten, die man zur Analyse, Steuerung und Optimierung des Energieverbrauchs nutzen kann (Außen-/Innentemperatur, Warmwassertemperatur, Laufzeiten).
Zum anderen sollte. man hier langfristig denken. Wenn denn PV auf dem Dach liegt und man damit im Sommer das WW heizt oder in der Übergangszeit vielleicht mal eine zusätzliche WP läuft, dann ist es sehr hilfreich, wenn man die Heizung automatisch beeinflussen kann.
Hallo,
ich finde deine Wirtschaftlichkeitsrechnung sehr interessant.
Ich teile auch deine Meinung, dass deine konventionelle Gas-Brennwerttherme mit Solarthermie durch nichts zu toppen ist.
Nun meine Frage: Welche Heizungstechnik hast du nun eingebaut? In deiner Rubrik “Unser Haus” steht was von einer Wärmepumpe? Hast du dich nochmal umentschieden!? Was war der Grund?
Viele Grüße Marco
Hallo Marco,
wir sind immer-noch Fans der Gas-Brennwerttherme mit Solarthermie. Bei uns ist es letztendlich die Wärmepumpe geworden, weil unser Anbieter diese Kombination nicht im Angebot hatte und es umständlich wäre die größeren Anforderungen der EnEV mit der Gastherme zu erfüllen. Manchmal ist man in einigen Dingen auch bei seinem eigenen Hausbau nicht Herr aller Dinge…
Ich teile ich vielerlei Hinsicht die die Analyse und Kommentare, alldersdings finde ich die Gas-Brennwerttechnik mit Solarhtermie als non-plus-ultra gewagt, weil flasche Annahmen getroffen werden.
Klaro, wer keine Verantwortung für seine (Heiz-) Energie übernehmen will, für den gibt es keine Alternative!
Wer “Reinwasser-“Solarthermie steil gen Süden (auch) heizungsunterstützend einbindet, meanderförmig die FB-Heizung (in Thermobodenplatte) verlegt und mit VL-Temp. von deutlich unter 28°C fährt, der kommt an Pellet (ohne Bunker und so ‘n Quatsch!) für KfW-40Haus aber bitte eines mit “stabilen, atemenden” Wänden und brandresitstender Außendämmung) nicht vorbei. Dann komme ich auf Gesamtkosten von 28 TEUR, wobei ich jährlich schon 2% Kaufkraftverlust eingerechnet habe.
Bitte zu bedenken: Gas und Öl hat D-land nicht, aber Holz – macht euch unabhängig!
Du sagst es, Alter! ?
Hallo zusammen,
vielen Dank für die Interessanten Berechnungen. Ich habe dazu folgende Frage: Gibt es die Berechnungsvorlagen irgendwo zum Herunterladen oder sind sie selbst gemacht?
Ich fände es toll, wenn ich sie irgendwo herunterladen und zur eigenen Verwendung nutzen könnte. Ist das möglich?
Viele Grüße
Franz
Franz, die Berechnungssheets (Excel) sind nun zum Download verfügbar:
Heizungsvergleich.xlsx (28kB)
Danke!