KNX: “ETS Inside” – Heilsbringer oder Mogelpackung?
The best thing that you’ve ever, ever had
It’s the best thing that you’ve ever had
The best thing you’ve had has gone away
High & Dry, Radiohead
UPDATE (27.12.2019): ETS Inside Version 1.4 Review: Neue Features!
Servus miteinander!
Wir wollen uns heute in aller Kürze mit dem neuen KNX Inbetriebnahme-Tool ETS Inside beschäftigen. Wir haben die Lösung bereits vor dem Rollout in unserem letzten Beitrag kurz vorgestellt.
Die Software ist seit Mitte März 2017 für unter 200 € für jedermann verfügbar.
Nach eigener Aussage verspricht das neue Werkzeug den
einfachen Einstieg in die Smart-Home-Welt, um jede “kleinere bis mittlere KNX-Installation” zum Laufen zu bringen.
Hierzu ist kein externer Techniker notwendig – lediglich ein kleiner Windows-10-Rechner plus (Tablett-)App und schon kann es losgehen.
Schöne neue Welt! Aber kann die vergleichsweise günstige Alternative (ab 160 €) mit der “Wucher-Schwester-Version” ETS5 Professional (ab 1000 €) mithalten? Für dich ist sie vielleicht mehr oder doch eher weniger geeignet…
Wir schauen uns die Features sowie die Schwächen der aktuellen Version [5.6.545.21226] an:
Voraussetzungen
ETS Inside Device (Server):
ETS Inside Device (Server):
OS: Microsoft Windows 10 (nicht Windows 10 IoT!)
CPU: ≥ 2 GHz
RAM: ≥ 2 GB
Speicher: ≥ 20 GB
Display: ≥ 1024 px x 768 px
ETS Inside APP (Client):
ETS Inside für iOS-Geräte
iOS-Version mindestens: 9.0
Gerätefamilie: iPad
ETS Inside für Android-Geräte
Android-Version mindestens: 4.0
ETS Inside für Windows-Geräte
Windows-Version mindestens: 10.0
Einstieg/Installation
Der Einstieg ist nicht besonders aufwändig:
- Server-Setup von https://my.knx.org/ herunterladen und auf dem ETS Inside Device eurer Wahl installieren.
- Client-App installieren.
- App starten und mit dem Server verbinden.
- Projekt anlegen.
Features
Feature | ETS Inside |
---|---|
Medientyp | TP, IP, RF, PL |
KNX Secure | Ja |
Max. Anzahl Projekte | 1 |
Max. Anzahl Geräte pro Projekt | 255 pro Medientyp |
KNX-Geräte (Standard) | Ja |
KNX-Geräte mit Plug-Ins | Nein |
Lizenz-Kosten [EUR] | 160 |
ohne Zusatz-Hardware | Nein |
Einschränkungen
Kommen wir nun zu den “Schattenseiten” der ETS Inside. Folgende Handicaps müsst ihr beachten:
Kein Import/Export/Archivierung:
Erstellte Projekte können derzeit weder exportiert/archiviert noch importiert werden. Ein Austausch oder die Wiederherstellung von Projektdaten demnach nicht möglich! Ein Backup der Projekte muss daher auf anderen Wegen erfolgen (z. B. Komplett-Image der Windows-Partition auf einem externen Datenträger, etc.).
Keine ETS5 Pro Synchronisation:
Die anfangs angekündigte Synchronisation mit der ETS 5 Professional wird momentan nicht unterstützt! Das bedeutet, dass euer Stamm-Elektriker ggf. nicht mal “schnell durch einen Sync helfen” kann. Diese Funktionalität soll immerhin noch 2017 nachgereicht werden…
Nur eine (TP-)Linie möglich:
Pro Medientyp-Linie (TP, IP, RF) sind max. 255 Geräte möglich. TP-Liniensegmente können offenbar über Linienverstärker gebündelt werden. Mehrere eigenständige Linien (z. B. Außen-, Innen-, Einliegerwohnung-Linien, uvm.) um sich ggf. gegen (Hacker)-Angriffe von Außen mittels Linienkoppler (inkl. Filterfunktion) zu schützen, sind nicht möglich!
Nur Online Katalog:
Es ist grundsätzlich kein Offline-Import von (alten) Produktdatenbanken möglich. Es können ausschließlich Geräte aus dem KNX-Online-Katalog hinzugefügt und konfiguriert werden. Ältere Geräte, die man evtl. gebraucht (über Auktionsplattformen) kauft und die dazugehörigen Datenbanken nicht online sind, können nicht mehr eingebunden werden! Ganz zu schweigen von Produkten zahlreicher Hersteller, die ihre Online-Katalog-Präsenz nur “stiefmütterlich” pflegen. Der Einsatz von (älteren) Geräten mit Plugins ist ebenfalls nicht vorgesehen.
iPhones als Clients werden nicht unterstützt:
Richtig gelesen: iPhones werden (von der iOS ETS-Inside-App) aufgrund der zu geringen Display-Größe nicht als Konfigurations-Clients unterstützt. iPads sind möglich, sowie Windows-App-fähige Geräte und Android-Hardware.
Erstellung einer Visualisierung schwierig:
Da keine Export-Funktion für Kommunikationsobjekte verfügbar ist, werden freie Visualisierungslösungen nur unter großem Aufwand möglich.
Flags können nicht angepasst werden:
Tiefere Eingriffe in die Parametrierung der Kommunikationsobjekte (Änderung der Flags) sind nicht erwünscht/vorgesehen. Genauso wenig können physikalische oder Gruppen-Adressen vergeben oder geändert werden. Geräte-Informationen auslesen oder Geräte entladen wird nicht angeboten.
Rudimentäre Analyse/Diagnose-Möglichkeiten:
Ein vollwertiger Bus-/Gruppenmonitor wie in der ETS 5 wird aktuell nicht von der ETS Inside angeboten. Lediglich ein “Monitor”, mit dem man weder sortieren, noch filtern, noch Gruppenadressen lesen oder schreiben kann. Damit gestaltet sich die Überwachung der laufenden Kommunikation sowie die gesamte Analyse & Diagnose-Anwendung – mit der ETS Inside allein – recht schwierig.
Raspberry Pi wird nicht unterstützt:
Der beliebte Kleinstrechner wird mangels ausreichendem RAM (< 2 GB) als Basis-Plattform nicht unterstützt.
Win10 IoT (Core) wird nicht unterstüzt:
Die günstige Windows IoT (Internet of Things) Edition wird als Betriebssystem nicht unterstützt. Der benötigte Microsoft-Standard-Dienst “Internet Information Services (IIS)” ist auf dieser Edition nicht lauffähig. Die Kombination aus Raspberry Pi und Win10 IoT Core wird also für immer ein Wunschtraum bleiben.
Gewöhnungsbedürftige Benutzeroberfläche:
Die auf Touch-Displays hin optimierte grafische Benutzeroberfläche kann man mögen oder nicht. Auf jeden Fall leidet die allgemeine Übersicht: Zum Teil werden Texte un-einsehbar in Elementen abgeschnitten, man weiss zudem nie richtig wo etwas (strukturell/hierarchisch) eingeordnet ist – mehrere Klicks sind jedes Mal erforderlich, um ans Ziel zu kommen.
… (Fortsetzung folgt?) …
Fazit
Ernüchternd, oder? Für eine kleinere KNX-Installation eines Einfamilien-Hauses ohne größere Ansprüche mag die Software eine annehmbar günstige Alternative sein. Für echte Nerds wie mich und euch da draußen, die das Maximum an Features herausholen wollen und bis ins kleine Detail einsteigen möchten, kann die derzeit verfügbare ETS Inside niemals einein vollwertigen Ersatz für den Klassiker ETS (5) Professional darstellen.
Aus unserer Sicht ist die ETS Inside ein Fehlschlag.
Die Macher wollten ein einfaches Werkzeug für Jedermann ohne spezielle IT-/KNX/-Kenntnisse schaffen, um den Einstieg günstig und attraktiv zu gestalten. Es kann allerdings bezweifelt werden, dass die Klientel, die bereit ist für (KNX-)Smarthome-Anwendungen in ihren Häusern gutes Geld zu investieren, nun plötzlich 500 € sparen will, um sich mit der ETS Inside App umständlich “herumzuschlagen”, in der man lediglich ein bis zwei Parameter seiner Installation ändern möchte.
Entweder man ist bereit Geld für den Elektriker auszugeben, der die Programmierung für einen anpasst, oder man ist bereit Geld für die ETS-Professional-Variante auszugeben, um flexibel (und ohne Einschränkungen einer “Light”-Variante) alles in Eigenregie durchzuführen. Folgerichtig wäre es besser gewesen, den Zugang zur ETS Professional günstig und attraktiv zu gestalten anstatt eine (“Krüppel”-)Version für eine Minderheit herauszubringen.
Das habt ihr aber alles schon vorher geahnt, nicht wahr…? 😉
[…] betriebene KNX-Projekt benötigt eine geordnete Gruppenadressen-Struktur. Es sei denn ihr setzt die ETS Inside ein, dann sind Gruppenadressen für euch nicht wirklich ein Thema. Wir gehen den steinigen, dafür […]
iPhone als Client funktioniert inzwischen ja recht gut. Dass die ETS Inside keine Geräte mit Plugins unterstützt, kommt zwar in der Tabelle vor, aber nicht in der “Bewertung”. Da doch recht viele Geräte auf Plugins bauen (DALI Gateway, Bewegungsmelder, etc.), macht das die ETS Inside leider recht unbrauchbar.
Hallo!
Nur als Hinweis. Es scheint in der Version 1.4 den ETS Inside-Server gibt es jetzt auch für Linux (ARM/x86) zu geben.
(Liegt im Unterverzeichnis “Linux” im Download-Paket mit dabei…)
Hi, völlig ungeignet für bestehende Installationen, die man erweitern möchte.
Wie bereits beschrieben, können diverse (bei mir > 60%) damit nicht bearbeitet werden.
Ich bleibe bei meiner Lösung, auch wenns etwas umfangreicher ist.
ETS2 + ETS light für neuere Produkte
Wisst ihr, ob grundsätzlich ein Update auf PRO möglich ist, sollte man merken, dass man mit Inside nicht auskommt?
Daniel, das Inside Projekt kann auch mit der Pro weiterbetrieben/bearbeitet werden.
Hey, danke für die Rückinfo. Ich glaube, ich habe meine Frage falsch gestellt.. ich frage mich, ob man die ETS Inside Software generell (kostenpflichtig) auf ETS Pro updaten kann.
Hintergrund ist: ich habe schon eine KNX-Installation und die Projektdateien, die ich importieren würde. Ich bin mir aber noch nicht ganz sicher, ob ETS Inside ausreichend ist..
Daniel, die ETS Inside Software kann man nicht auf die ETS Pro upgraden/updaten, weil die ETS Inside auf einem ganz anderem Software-Paradigma ansetzt (Client-Server-Architektur). Bei den (derzeit) geringen Kosten für die ETS Inside ist ein späterer Wechsel auf die ETS Pro nicht wirklich schmerzhaft. Ausserdem lassen sich die ETS Lizenzen ganz normal veräussern/übertragen. In deinem Fall – wo du bereits ein KNX-Projekt-File hast – musst du allerdings wahrscheinlich dennoch mit der ETS Pro arbeiten. ETS Inside kann meines Wissens nur ETS-Inside-Projekte/Backups einlesen – keine ETS-(Pro)-Projektfiles. ETS Pro kann wiederum in eine ETS-Inside Projekte pushen. Viel Erfolg! 🙂
Danke für die Aufklärung, das hatte ich gar nicht bedacht.
Theoretisch müsste der Import ja über den Weg möglich sein – https://support.knx.org/hc/de/articles/360000663330-Ein-Projekt-von-ETS-auf-ETS-Inside-hochladen
werde einfach mal rumprobieren..
[…] Jahren kam die ETS-Inside auf den Markt. Mein Nachbarblog hat sich ausgiebig damit beschäftigt: KNX: “ETS Inside” – Heilsbringer oder Mogelpackung?. Ich habe mir den Dongle gekauft, und der liegt seit Jahren hier rum. Hier nur ganz kurz: Die ETS […]